Formen und Merkmale des Antisemitismus

Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) von 2016:

"Der Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass über Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen."

  • Religiöser Antisemitismus (Antijudaismus).
    Stereotype: die Juden sind schuld an der Tötung Jesu. Der religiöse Antisemitismus wurzelt u.a. in den Auseinandersetzungen der Kirchenväter und später in den Schriften Martin Luthers. Die aus diesem Antijudaismus entstandene Dämonisierung von Juden, Mythen der Hostienschändung und der Brunnenvergiftung sowie der Ritualmordlegenden des Mittelalters finden bis heute Eingang in Verschwörungserzählungen und Bildgebungen (z.B. "Die Judensau" an der Stadtkirche in Lutherstadt Wittenberg). Das als Schimpfwort verwendete "Du Jude!" hat seinen Ursprung in der Darstellung des Judas als Verräter und ist antisemitisch konnotiert.
  • Sozialer Antisemitismus.
    Stereotype: Juden sind grundsätzlich „im Vorteil“ oder gar „auserwählt“. Unter diese Definition fallen Terminologien wie der „Wucherjude“ oder codierte Umschreibungen wie „die amerikanische Ostküste/Wallstreet“ oder, dass Juden im Finanzbereich besonders einflussreich seien (z.B. die Rothschilds oder aktuell Georg Soros).
  • Politischer Antisemitismus.
    Stereotype: Juden unterwandern den internationalen Finanzmarkt, um politische Prozesse zu manipulieren und eine Weltverschwörung zu initiieren. Der politische Antisemitismus wirkt z.B. da, wo Juden für den Kommunismus oder den Neoliberalismus verantwortlich gemacht werden.
  • Rassistischer Antisemitismus / nationalistischer Antisemitismus.
    Stereotype: Ausgrenzung der Juden als nicht zur Nation gehörige Fremde. Er konstruiert das Judentum als "Rasse" mit spezifischen typischen körperlichen, physiognomischen, mentalen sowie psychischen Merkmalen und schließt gleichzeitige Zuschreibungen von Minderwertigkeit und Allmacht mit ein. Der rassistische Antisemitismus gipfelt im Völkermord an den europäischen Juden. Diese Form des Antisemitismus greifen heute völkisch-rechtsextreme Bewegungen auf, weshalb die Gefahr von terroristischen Angriffen weiterhin besteht.
  • Post-Holocaust-Antisemitismus.
    Stereotype: die Debatte über den Holocaust muss endlich beendet werden ("Schlussstrich"). Demnach sei der Holocaust genügend aufgearbeitet worden, "die Juden" gäben aber nie Ruhe und erinnerten die "Deutschen" fortdauernd an ihre Schuld. Diese Erinnerungs- und Schuldabwehr findet ihren Ausdruck in der Relativierung der Shoa, der Relativierung der Täterschaft und auch dort, wo familiäre Verstrickungen tabuisiert werden. Dieser auch als sekundär bezeichnete Antisemitismus zeigt sich im Vorwurf der Instrumentalisierung der Shoa seitens der Juden sowie der Täter-Opfer-Umkehr. Der Post-Holocaust-Antisemitismus gipfelt in der Leugnung des Völkermords.
  • Israelbezogener Antisemitismus.
    Stereotype: Das Existenzrecht des Staates Israel wird bestritten. An das politische Handeln des Staates Israel werden besonders hohe moralische Wertmaßstäbe angelegt, die so auf keine andere Demokratie angewandt werden. Jüdinnen und Juden werden als vermeintliche Repräsentanten des Staates Israel aufgefordert, sich für die Politik des Staates Israel zu rechtfertigen, oder für diese verantwortlich gemacht. Damit scheint es möglich zu sein, Juden zu kritisieren, ohne offen antisemitisch zu sein. Dieses Phänomen wird als Umwegkommunikation bezeichnet. Gerade im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt ist die Grenze zwischen einer israelkritischen Diskussion und einem israelbezogenen Antisemitismus oft schwierig zu ziehen. Natan Scharansky hat einen "3-D-Test" für das Erkennen von israelbezogenen Antisemitismus entwickelt: Dämonisierung, Doppelstandards, Delegitimierung.

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